Das Thermometer zeigt -28 Grad, es ist kurz nach Mitternacht. Ein anstrengender Arbeitstag liegt hinter mir, aber an Schlaf ist nicht zu denken. Ich schnalle mir meinen Rucksack um, schnappe mir die Hundeleine und breche mit Hippu, meinem Husky-Weibchen, zur Nordlichtjagd auf.
Schon nach wenigen Minuten bilden sich auf meinem Schal Eiskristalle. Die Luft ist klirrend kalt und der Himmel über uns so klar wie nie zuvor. Die Vorhersage für heute Nacht ist gut und verspricht eine hohe Sonnenwind-Aktivität.
Wir begeben uns zu meinem Lieblingsplatz, eine kleine Lichtung mitten im nahe gelegenen Wald. Umgeben von verschneiten Bäumen, der Finsternis und absoluter Stille fühle ich mich nicht einsam, sondern einfach nur glücklich hier zu sein. Ich entdecke am Himmel einen grünen Streifen und mein Herz springt vor Freude. Der grüne Streifen wird intensiver, wechselt die Farbe von grün zu weiss und pink und die Nordlichter beginnen vor meinen Augen zu tanzen. Fasziniert schaue ich dem Spektakel einige Minuten lang zu. Meine Kamera lasse ich dieses Mal in meinem Rucksack. Ich geniesse den Moment und will nichts davon verpassen.
Nach einigen Minuten ist das Phänomen vorüber, der Wind trägt die geladenen Teilchen in eine andere Richtung. Ich danke Lady Aurora für ihren kurzen, aber intensiven Besuch und mache mich auf den Rückweg.
So romantisch diese Geschichte auch klingt, ganz so einfach ist es in der Tat nicht, Queen Green zu Gesicht zu bekommen. Um ein guter Nordlichtjäger zu sein, sollte man ein paar Voraussetzungen mitbringen.
Nordlichter sind ein Naturspektakel
Als erstes ist es wichtig zu wissen, dass die Nordlichter ein Naturspektakel sind und von Faktoren wie Wind, Sonnenaktivität und Bewölkung abhängig sind. Die Nordlichter sind keine Show, die immer zur selben Zeit oder gar auf Knopfdruck startet. Auch die Dauer und Intensivität des Farbenspiels hängt von den genannten Faktoren ab. Mal sieht man nur einen grünen Streifen am Horizont stehen, mal sieht man verschiedene Farben am Himmel tanzen.
Ohne Geduld keine Polarlichter
Wer die Aurora Borealis in ihrer vollen Pracht sehen will, benötigt vor allem eine grosse Portion Geduld. In den meisten Fällen reicht es nicht, an einem Abend für eine Stunde vor die Haustüre zu gehen. Mehrere Stunden in der klirrenden Kälte auszuharren gehört für mich persönlich für ein tolles Nordlicht-Erlebnis einfach dazu – man will es sich ja auch verdient haben.
Es gibt auch Möglichkeiten, sich die Wartezeit angenehm zu gestalten. Auf einer Nordlicht-Tour mit einem Guide ist man aktiv und in Bewegung, man erhält Hintergrundinformationen und kann den aufregenden Geschichten des Guides lauschen. Meine eigene Nordlichter-Fototour empfiehlt sich allen, die gerne selber Fotos der Aurora Borealis machen möchten, oder die sich von mir unter den Polarlichtern ablichten lassen möchten.
Die Nordlichter richtig erkennen
Manchmal ist es nicht ganz einfach, die Lady Aurora von einer Wolke zu unterscheiden. Meist ist jedoch der grüne Streifen eindeutig sichtbar. Ist es zu bewölkt, hat man keine Chance, etwas zu erkennen. Allerdings können die Wolken schnell vorüberziehen. Es lohnt sich deshalb, den Himmel länger zu beobachten. Bei Vollmond ist es ebenfalls sehr schwierig, da der Mond zu viel Licht abgibt.
Wer die Voraussetzungen erfüllt und folgende Tipps beachtet, hat eine gute Chance, die Nordlichter zu sehen.
Einen guten Ort zur Polarlichtbeobachtung auswählen
Um die Nordlichter in ihrer vollen Pracht zu sehen, sollte man einen Ort auswählen, an dem es möglichst wenig künstliche Lichtquellen gibt. Grosse, offene Flächen eignen sich am Besten. In Lappland ist es relativ einfach, einen zugefrorenen See ausfindig zu machen. Genauso spannend kann es sein, mit Schneeschuhen einen Hügel zu erklimmen. Dabei sollte man bedenken, dass man auf Schneeschuhen bergauf schnell ins Schwitzen gerät und bei Fotostopps sehr schnell auskühlt. Oberhalb der Baumgrenze ist es oft sehr windig und man hält es nie allzu lange da oben aus. Gute Vorbereitung ist alles!
Da ich oft stundenlang draussen unterwegs bin, bevorzuge ich Orte, wo ich ein Feuer entfachen darf. In Lappland gibt es viele Kotas und Laavus, die frei zugänglich sind. Holz ist immer vorhanden. Weshalb nicht mal einen Abend mit Freunden in einer Kota verbringen, gemütlich Würste grillieren und bequem in der Hütte auf die Nordlichter warten?
Umso dunkler, desto besser um die Nordlichter zu sehen
Wichtig ist, dass man seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt. Die Adaption an die Dunkelheit kann bis zu 20 Minuten dauern. Lichtquellen wie Handy- oder Kameradisplays, Autolichter, Strassenlaternen oder das weisse Licht einer Taschen / Sitrnlampe beeinträchtigen die Adaption ungemein. Wer nicht auf das Licht seiner Stirnlampe verzichten möchte, führt deshalb besser eine Lampe mit rotem Licht mit sich.
Nicht alle Menschen nehmen die Nordlichter gleich wahr. Manche sehen anstelle eines grünen Streifens einen grauen, weissen oder violetten Streifen. Dies liegt daran, dass unsere Augen im Dunkeln darauf ausgerichtet sind, lediglich Kontraste zu erkennen.
Kameras können auch schwache Nordlichter erfassen, die für unsere Augen nicht sichtbar sind. Wenn du unsicher bist, hilft es ganz einfach, ein Foto zu schiessen. Sei nicht enttäuscht, wenn du auf dem Bild Farben siehst, die du von blossem Auge nicht am Himmel ausmachen kannst. Kameras detektieren die Farben der Nordlichter besser als das menschliche Auge.
Richtung Norden blicken
Die Ausrichtung nach Norden ist essentiell. Die meisten Polarlichter erscheinen am nördlichen Horizont. Nur bei geomagnetischen Stürmen kann es vorkommen, dass die Aurora plötzlich direkt über uns steht oder gar nach Süden wandert.
Denke an die Ausrüstung
Warme Kleidung und gute Winterschuhe setze ich voraus. Je nachdem, wohin ich gehe, passe ich meine Ausrüstung etwas an.
- Kamera und Weitwinkelobjektiv
- Stativ
- Stirnlampe mit rotem Licht
- Thermosflasche mit heissem Wasser / Tee
- Teebeutel / Kaffeepulver / Kakaopulver
- Wärmepads für Handschuhe und Stiefel
- zusätzliche Fleecejacke
- Sitzkissen
- Feuerzeug / Streichhölzer
- Würste / Snack
- Sackmesser / Puukko